Im ersten Stockwerk des Burgmuseums Mitterfels hat Josef Brembeck einen ganzen Raum dem „Kindsein“, der Kindheit im Bayerischen Wald gewidmet. Neben zahlreichen Spielsachen, die fein säuberlich sortiert sind nach Mädchen und Jungen, finden sich Objekte zur Ernährung und Körperpflege aus den vergangenen einhundert Jahren. Eine Vitrine ist dem Thema Tod von Kindern und Säuglingen gewidmet. Darin befindet sich auch das Objekt des Monats Juli 2016.
Totenbrett des Schulknaben Xaver Poiger, Bauersohn von Einstück, Haselbach. (Foto Elisabeth Röhn)
(H: 130 cm; B: max. 28 cm, T: 3,5 cm)
Die Aufschrift auf dem Totenbrett lautet:
Andenken
Auf diesen Bret hat geruht
der Schulknabe Xaver Boiger
Bauerssohn von Einstük.
Er ist geboren am 29ten April
1866 gestorben am 17ten April 1874.
ein Töchterlein
Kreszenz Boiger
ist geboren am 29ten April und
gestorben am 20ten Mai 1866.
Zwei Söhnlein
Joseph und Xaver Boiger
sind geboren am 7. März
und gestorben am 27. März 1858.
Einen Einblick in die Familiengeschichte Poiger gewährt die Bildszene, die auch im Text beschrieben wird. Der achtjährige Xaver ist rechts mit Kreuz, Palmwedel und Rosenkranz in Händen und schwarzem Gewand mit weißem Hemd dargestellt.
Nach links folgen drei seiner früh dahin gegangenen Geschwister: Zunächst die im Alter von drei Wochen verstorbene Zwillingsschwester Kreszenz mit blauem Gürtel auf weißem Gewand und gescheiteltem Haar (beide wurden am 29. April 1866 geboren), gefolgt von einem weiteren Zwillingspaar Joseph und Xaver, die mit nur 20 Tagen am 27. März 1858 gestorben waren. Die beiden Jungen tragen rote Gürtel.
Bis nach dem Ende des zweiten Weltkriegs wurde für Mädchen die Farbe Blau verwendet, die symbolisch für die Gottesmutter Maria steht. Als unschuldige Kinder haben alle drei ein weißes Gewand an und halten Palmwedel in den Händen. Durch die dunklen Kreuze über ihren Köpfen sind sie als bereits Verstorbene gekennzeichnet. Ihr früher Tod gemahnt an die zu dieser Zeit hohe Kindersterblichkeit. Über der Landschaft mit den Kindern schweben acht Putten und das Auge Gottes.
Die Eltern von Xaver Poiger waren Georg (geb. am 24. Dezember 1824 in Einstück, gest. am 28. April 1894) und Kreszenz Poiger, einen geborene Michl (geb. am 5. Mai 1831 in Baumgarten, gest. am 7. Februar 1916, Totenbrett im Burgmuseum), die am 9. Mai 1854 den Bund der Ehe eingegangen waren. Auch das Totenbrett des Großvaters Jakob Poiger (geb. 10. Mai 1788 auf dem Bruckhof, gest. am 19. Mai 1866) ist im Burgmuseum Mitterfels zu finden:
Merket Kinder und Fremde,
Was ich euch noch sprich
Lebet glücklich und vergeßet
Meiner im Gebethte nicht.
Ursprünglich war das Totenbrett des Xaver Poiger an der kleinen Hauskapelle der Familie Poiger, Einstück in Haselbach angebracht. (Foto: Elisabeth Vogl)
Totenbretter
Im Bayerischen Wald begegnen uns immer wieder Totenbretter zur Erinnerung und Mahnung. Der Verstorbene wurde zu Hause auf dem Totenbrett aufgebahrt und dann ins Grab hinabgelassen.
Vermutlich bis ins 6. Jahrhundert lässt sich dieser Brauch zurückverfolgen. Heute werden Gedenkbretter aufgestellt. Nur an wenigen Stellen sind noch ursprüngliche Bahrbretter erhalten. Die im Burgmuseum Mitterfels ausgestellten Totenbretter gehören zu den qualitätsvollsten heute noch erhaltenen originalen Totenbrettern des Bayerischen Waldes.