Antependium mit der Darstellung der „Armen Seelen im Fegfeuer“ aus der Kapelle der Familie Poiger von Einstück, Haselbach.
(H: 53 cm; B: 130 cm, T: 5 cm, Material Holz, bemalt mit gekehltem, marmoriertem Rahmen)
In enger Verbindung zu unserem Objekt des Monats Juli 2016, dem „Totenbrett des Schulknaben Xaver Poiger“ von 1874, steht das Objekt des Monats August. Es ist ebenfalls im ersten Stockwerk des Burgmuseums Mitterfels über der Treppe neben der St. Georgs-Apotheke zu finden und stellt die „Armen Seelen im Fegfeuer“ dar. Es handelt sich um ein hölzernes Antependium aus der Kapelle der Familie Poiger von Einstück, Haselbach.
Als Antependium werden schmückende Bekleidungen des Stipes (Unterbau) eines Altars, also des Trägers der Mensa (Tischplatte) bezeichnet. Altarbekleidungen sind seit dem 4./5. Jahrhundert belegt und werden im Mittelalter allgemein üblich. Meist besteht das Antependium aus reich verziertem und besticktem Stoff. In unserem Fall handelt es sich jedoch um eine bemalte hölzerne Vorsatztafel. Derartige Tafeln lassen sich in Deutschland seit dem 13. Jahrhundert nachweisen.
Dargestellt hat der Künstler eine Fegfeuerszene. Die Lehre vom Fegfeuer basiert auf
- 2 Makk 12,44-45: „Hätte er nicht erwartet, dass die Gefallenen auferstehen werden, wäre es nämlich überflüssig und sinnlos gewesen, für die Toten zu beten. Auch hielt er sich den herrlichen Lohn vor Augen, der für die hinterlegt ist, die in Frömmigkeit sterben. Ein heiliger und frommer Gedanke! Darum ließ er die Toten entsühnen, damit sie von der Sünde befreit werden.“
- und 1 Kor 3,13-15: „... das Werk eines jeden wird offenbar werden; jener Tag wird es sichtbar machen, weil es im Feuer offenbart wird. Das Feuer wird prüfen, was das Werk eines jeden taugt. Hält das stand, was er aufgebaut hat, so empfängt er Lohn. Brennt es nieder, dann muss er den Verlust tragen. Er selbst aber wird gerettet werden, doch so wie durch Feuer hindurch.“
Auch die Familie Poiger glaubte an das altchristliche Dogma der Gemeinschaft der Heiligen und hoffte auf die Fürsprache der Heiligen im Himmel für ihre Verstorbenen Familienmitglieder. Diese bedürfen aber auch der Fürsprache der noch Lebenden. Deshalb ist unter der Bildszene mit den fünf bittenden und betenden „Seelen“ folgender Spruch angebracht, der als Auslegung der oben genannten Bibelstellen gewertet werden kann: Erbarmet Euch unser wenigstens ihr unsere Freunde / J.L.W. 1903. Das Buchstabenkürzel J.L.W. bezeichnet den Maler des Antependiums. Der Spruch richtet sich direkt an den Betrachter des Bildwerks und bittet um die Fürsprache für die Armen Seelen durch ein Gebet, ein Vaterunser. Ähnliche Bitten finden sich auch auf Totenbrettern. Durch ihre Gebete für die Verstorbenen erwarben sich nach dem Volksglauben auch die Lebenden Verdienste um ihr eigenes Seelenheil.
In der Mitte der querrechteckigen Holztafel, die von einem gekehlten und marmorierten Holzrahmen eingefasst ist, sind in einem gemauerten Feuerherd, in dem die Flammen hochschlagen, fünf Seelen im Fegfeuer dargestellt. Drei erheben die Hände zum Gebet, während der zweite von links auf den von einem Glorienschein im Himmel umgebenen Kelch mit der Hostie verweist. Der Kelch symbolisiert die Erlösung der Seelen durch die Heilige Eucharistie.
Als sich die Familie Poiger 1972 entschloss, das alte Antependium bei der Renovierung der Kapelle durch ein neues zu ersetzen, war gleich Josef Brembeck zur Stelle und bat um die Überlassung der nun nicht mehr benötigten Tafel für seine volkskundliche Sammlung, die seit 1982 in der Mitterfelser Burg, im Burgmuseum untergebracht ist.
Blick in das Innere der Kapelle der Familie Poiger, Haselbach mit dem 1972 erneuerten Antependium, das die Aufschrift trägt: „Erbarmet euch der armen Seelen im Fegfeuer doch wenigstens mit einem andächtigen Vaterunser“.
Text und Bilder: Elisabeth Vogl, 1. Vorsitzende Museumsverein Mitterfels e.V.